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Ein einfaches Lehmann-Seismometer - selbst gebaut

Fehlermeldung

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0. Vorbemerkung und Hinweis

Eine ganze Reihe selbst gemessener aktueller und auch älterer Seismogramme befinden sich auf der Unterseite Seismogramme.

1. Motivation - oder Lösung sucht Problem

Dieses Projekt ist im Zusammenhang zu sehem mit dem Projekt SD-Kartenexperiment, [1]. Nachdem nämlich das SD-Experiment sich zu einem Datenrecorder entwickelt hat, der in der Lage war, 1 GByte Daten aufzuzeichnen, stellte sich die Frage, wie ich ein Problem finden könnte, dessen Lösung das SD-Experiment ist.

In einer Ausgabe der Zeitschrift Elektor [2] wurde eine Schaltung vorgestellt, die aus einem Vorverstärker, einem Tiefpaß und einem AD-Wandler besteht, die ihre Daten dann - so weit ich mich noch erinnern kann - an die serielle Schnittstelle eines Laptops schickt. Der Laptop schreibt die Daten dann auf die Festplatte und stellt sie darüber hinaus grafisch dar. Der Sensor, der die Erschütterungen der Erde aufnimmt, war ganz einfach ein Lautsprecher, dessen Membran noch mit ein paar Muttern beschwert worden ist, um einen besseren Frequenzgang und eine bessere Dämpfung zu erzielen.

Die Idee hat mir gefallen. Was ich aber nicht wollte, war, ein Laptop oder sogar einen stationären PC über Wochen, Monate oder gar Jahre nonstop laufen zu lassen, um die Daten aufzunehmen. Abgesehen von den Beschaffungskosten wären über die Zeit die Kosten für die Stromversorgung erheblich. Außerdem wäre ein ganzer PC oder ein ganzes Notebook für dieses Experiment blockert.

Die Lösung ist tatsächlich das eingangs erwähnte SD-Kartenexperiment. Es besitzt bereits für zwei Kanäle je einen Verstärker, einen Tiefpaß und insgesamt acht AD-Wandler mit 10 bit Auflösung. Außerdem besteht die Möglichkeit, einen DCF77-Empfänger anzuschließen, um genaue Zeitmarken zur Identifikation von Ereignissen zu haben [5]. Was fehlt, ist das Seismometer selber, ein Meßwandler, und ein Vorverstärker. Der folgende Artikel wird sich mit diesen drei Komponeten befassen. Abschließend werden auch ein paar selbst aufgezeichnete Seismogramme dargestellt.

2. Das Lehmann-Seismometer

Um einen Einstieg in Seismometer und Seismographen zu erlangen, bieten sich die üblichen Verdächtigen, nämlich Wikipedia in deutsch [3] oder in englisch [4] an. Nützlich ist sicher auch die Webseite des Arbeitskreises Seismik in Monschau [6].

Ein Lehmann-Seismometer wird gerne mit einem Gartentürchen verglichen, dessen Drehachse nicht senkrecht zur Erdoberfläche ist, sondern leicht dazu geneigt. Solche Gartentürchen haben die Eigenschaft, wenn die Aufhängung gut geschmiert ist, immer wieder in die geschlossene Position zurückzufallen ohne daß man eine Rückholfeder oder dergleichen benötigt. Darüber hinaus - und das ist viel wichtiger - hat ein analog zu diesem Gartentürchen aufgebautes Horizontalseismometer die Eigenschaft, daß es eine Eigenfrequenz besitzt, die in der Größenordnung von 10 Sekunden (und länger) liegt. Seine Baugröße beträgt in der längsten Ausdehnung dabei nur etwa ein Meter. Würde man ein Fadenpendel bauen, das eine vergleichbare Eigenfrequenz besitzt, so müßte es eine Fadenlänge - und damit Bauhöhe - von vielen zehn Metern bis in den Bereich von 100 Metern besitzen, was einfach nicht praktikabel ist.

Die nächsten Bilder zeigen zunächst das ganze Seismometer, das an einer Kellerwand montiert ist, dann ein paar Details zum Scharnier und eine Reihe von Details vom Meßwertaufnehmer (Spule), der seismischen Masse (ein Trafo) und der Dämpfung (ein Becherglas mit ein paar milliliter Motorenöl und einem Stück Alu-Blech, das dort hineinragt). Der Pendelarm ist etwa 70 cm lang.

Das gesamte Seismometer Das gesamte Seismometer nach Lehmann an einer Kellerwand. Der horizontale Arm kann um eine vertikale Achse entlang der linken Seite pendeln. Am Ende des Arms auf der rechten Seite befindet sich neben der seismischen Masse und der Dämpfung der Aufnehmer bestehend aus einer Spule in die ein Stabmegnet eintaucht. Dort ist die Bewegungsrichtung senkrecht in das Bild hinein bzw. aus dem Bild heraus.

Das Scharnier des Pendelarms Das Scharnier des Pendelarms ist einfach eine Kugel. Der gelbe Draht (Litze) verhindert, daß das Scharnier nach unten fällt.

Justierung des Pendelarms Die genaue Position des Drehpunktes wird durch unterlegen eines Abstandsstücks (hier ein Vierkant mit einer Klemme besfestigt) festgelegt. Dabei bestimmt die Dicke des Unterlegstücks die Periodendauer der Eigenschwingung des Pendels während die Position senkrecht zur Wand die Ruheposition bezüglich der Auslenkung des Pendes festlegt. Je dicker das Distanzstück, je kleiner die Schwingungsdauer. Wird der Drehpunkt Richtung Beobachter verlegt, dann verschiebt sich die Ruhelage des Pendel richtung Wand.

Das Horizontalpendel Seismische Masse (ein Trafo), Aufhängung des horizontalen Pendelarms und die Aufnehmerspule, in die ein Stabmagnet eintaucht. Der Pendelarm schwingt frei, die Spule ist an einerm Ausleger an der Kellerwand befestigt.

Seismische Masse, Aufhängung des horizontalen Pendelarms, Dämpfung und die Aufnehmerspule Seismische Masse (ein Trafo), Aufhängung des horizontalen Pendelarms, Öldämpfung und die Aufnehmerspule, in die ein Stabmagnet eintaucht Der Pendelarm shwingt frei, die Spule und das Becherglas mit dem Öl ist an der Kellerwand befestigt.

Die Öldämpfung Die Öldämpfung: Am Ende des Pendelarms befindet sich ein Stück Alu-Flachprofil (mit einer Klammer befestigt), das etwa einem Zentimeter tief in ein Becherglas, gefüllt mit Motorenöl, eintaucht.

Seismische Masse, Dämpfung, Aufnehmerspule und Magnet Die Einheit aus seismischer Masse, Aufnehmerspule mit eintauchendem Magnet und Öldämpfung. Der Magnet erscheint hell, weil er mit Kreppband umwickelt ist.

Sesimische Masse, Aufnehmerspule und Öldämpfung Sesimische Masse, Aufnehmerspule und Öldämpfung von oben gesehen.

Die Teile entstammen der Bastelkiste und dem Baumarkt. Nur der Magnet und die Aufnehmerspule wurden extra gekauft.

3. Der Meßwandler

Es gibt mehrere Varianten, die Auslenkung des Horizontalpendels aus der Ruhelage in ein elektronisches Signal umzuwandeln. Eine davon ist, tatsächlich die Position zu messen. Das wurde hier zunächst nicht realisiert. Eine andere Variante ist, die Geschwindigkeit der Pendelbewegung zu messen. Das läßt sich beispielsweise sehr leicht dadurch bewerkstelligen, daß ein Magnet (einer dieser 'Supermagneten' - es geht aber auch ein ganz normaler AlNiCo-Magnet) in eine Spule eintaucht. Die induzierte Spannung ist proportional zur Geschwindigkeit des Pendelarms. Die Spule kann man selber wickeln; bequemer ist es aber, einfach eine Rolle 0,1 mm (450 m Rolle) oder 0,05 mm (1500 m Rolle) Kupferlackdraht sich zu besorgen, bei der der Anfang der Spule herausgeführt ist. Wer auf die Bilder oben clickt wird mit Leichtigkeit die Herkunft des Spulendrahtes erkennen. Es ist aber ratsam, sich den Draht in einer Filiale zu holen und sich zuvor die Spulen genau anzusehen, ob der Anfang auch wirklich herausgeführt ist. Beim 0,1 mm Draht war das oft der Fall; beim 0,05 mm Draht habe ich lange suchen müssen, bis ich endlich eine Spule fand, bei der wenigsten 2 mm vom Wicklungsanfang herausgeschaut haben. Diese Spule ist auf den Bildern nicht dargestellt, aber seit Herbst 2008 im Einsatz.

4. Der Vorverstärker

Die Spannung, die die Aufnehmerspule liefert, liegt in der Größenordnung von Mikrovolt. Solche geringen Spannungen kann der Logger, obwohl er selbst bereits einen Vorverstärker besitzt, nicht direkt verarbeiten. Daher wurde ein Vorverstärker eingefügt. Sein Verstärkungsfaktor muß in der Größenordnung von 1000 liegen, um seinerseits eine Ausgangsspannung im Millivoltbereich zu liefern. Diese wird dann schließlich vom Verstärker im Logger auf Spannungswerte weiter verstärkt, die der AD-Wandler dann auch sinnvoll verarbeiten kann. Bei solch hohen Gesamtverstärkungen bis herunter zu 0 Hz (Gleichspannung!) treten jedoch Probleme auf, wenn man OP-Verstärker benutzt, die dafür nicht vorgesehen sind. Das größte Problem ist, daß einfachere OP-Verstärker einerseits Offestspannungen am Eingang haben, die höher liegen, als die zu erwartenden Signalspannungen. Das wäre aber für sich allein betrachtet noch nicht so tragisch - die Offsetspannung ließe sich ja kompensieren. Das viel größere Problem ist, daß diese Offsetspannung auch noch temperaturabhängig um einen Spannungsbetrag driftet, der oft größer als die maximale Signalspannung selbst ist. Solche OP-Verstärker sind daher schlicht unbrauchbar. Zwingend erforderlich sind daher driftarme OP-Verstärker mit niedriger Offsetspannung. Generell werden für solche Zwecke gerne chopperstabilisierte OP-Verstärker verwendet. Andere Hersteller sprechen in diesem Zusammenhang von Zero-Drift Verstärkern, wie beispielsweise Linear Technology [11]. Hier kommt der LT1050 [12] zum Einsatz, der nach meinem Dafürhalten unter den für Baster problemlos erhältlichen OP-Verstärkern für diesen Zweck die besten Eigenschaften hat.

Das folgende Bild zeigt den relativ einfachen Schaltplan.

Schaltplan des Vorverstärkers

Die Schaltung wurde auf einer Lochrasterplatte aufgebaut, was sicher nicht optimal ist, aber trotzdem erstaunlich gut funktioniert.

Da der Vorverstärker aus einer einzigen Spannungsquelle versorgt wird (angeschlossen über JP7), aber sowohl positive als auch negative Spannungen zu verarbeiten sind, ist es erforderlich, daß ein virtuelle Nullunkt geschaffen wird, der in diesem Fall aus dem Spannungsteiler R1 und R2 besteht. Die Aufnehmerspule wird an JP6 angeschlossen. Die Ausgangsspannung steht and JP5 zur Verfügung. Beim Aufbau ist darauf zu achten, daß bei kurzgeschlossenem JP6 einer der beiden Widerstände R1 oder R2 so einzustellen ist, daß an JP5 die halbe Betriebsspannung anliegt. Einstellen heißt, einen Widerstand in der Größenordnung von einigen 10 kOhm parallel zu R1 oder R2 zu löten. Der Wert muß experimentell ermittelt werden.

Die Widerstände R5 und R3 bestimmen die Verstärkung. In diesem Fall ist die Verstärkung 2150. Auch dieser Wert ist den aktuellen Gegebenheiten anzupassen (am besten über R5). Ich habe die Vorverstärkung so gewählt, daß das Rauschen des Gesamtsystems in einer seismisch ruhigen Phase gerade noch gut nachweisbar ist. Eine größere Verstärkung bringt keinen weiteren Informationsgewinn mehr und bei einer kleineren Verstärkung verliert man Empfindlichkeit.

5. Die restliche Elektronik

Im folgenden sind neben den beiden Seiten des Schaltplanes einige Bilder der Platine im bestückten Zustand zu sehen. Weitere Einzelheiten sind beim SD-Kartenexperiment erklärt.

Schaltplan - Teil 1 Schaltplan - Teil 2

Die bestückte Platine von oben Die Platine von schräg oben Die Platine von schräg vorne Die Platine von der Lötseite

6. Selbst gemessene Seismogramme

Den Beispielen habe ich, da es über die Zeit doch zu einer stattlichen Anzahl gekommen ist, nun eine neue Seite gewidmet.

7. Ausblick

Ein zweites Seismometer nach dem selben Prinzip ist bereits im Bau. Dieses ist jedoch transportabel. Zunächst würde ich das neue Seismometer neben das vorhandene stellen und die Ergebnisse einfach vergleichen. Das eine an der Wand montiert, das andere steht dann auf dem Kellerboden. Dann könnte man auch die Nord-Süd-Komponente der Bodenbewegung messen, wenn man das transportable Seismometer entsprechend ausrichtet. Weiterhin könnte das transportable Seismometer auch an einem ganz anderen Standort aufgestellt werden. Ein Aufbau in der Nähe könnte helfen, die vielen aufgezeichneten Störungen zu identifizieren. Ein Aufbau in größerer Entfernung könnte eine Richtungsbestimmung ermöglichen - bis auf die Zweideutigkeit die sich dadurch ergibt, daß eine drittes Seismometer fehlt.

Heute arbeitet der Sensor basierend auf der Geschwindigkeit der Bodenbewegung. Mir scheint es, daß ich diesbezüglich an den Grenzen des möglichen bereits angekommen bin. Alternativ möchte ich mich auf mit einer positionsempfindlichen Detektion befassen. Aber genaueres weiß ich selbst nochnicht.

8. Referenzen und Links

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